Protokolle

 
Dauerinstallation Aneignung im riot – Aneignung des riot
 

Zum Anhören:
Sieben Thesen zum Aufstand
Ketzerische Thesen zum Aufstand 80-82 in Berlin

 
 

Donnerstag, 10. Mai

Widerstandscafé: “Ein Versuch der Verbindung von Theorie und Praxis, durch den Aufbau und die Vernetzung kommunaler Strukturen im Kiez auf Grundlage des demokratischen Förderalismus”
 

Der Vortrag, dem ca. 20 interessierte Leute gefolgt sind, wurde in drei Teile gegliedert, mit anschließender kurzem Diskussion im Anschluss.

Als erstes wurde eine Einleitung vorgelesen, die sich mit der kapitalistischen Realität im Hier und Jetzt befasst hat. Die Kernpunkte waren etwa Fragen wie: “Kann der Kapitalismus ersetzt werden?”, “Wodurch kann Veränderung entstehen?” und “Gibt es Alternativen?”. Es wurde festgehalten, dass der Kapitalismus nicht einfach durch ein anderes System ersetzt werden kann, ohne vorher Staaten unnötig gemacht zu haben. Warum das bis jetzt nicht geklappt hat, wurde mit dem individualistischen Lebensweg und Verhaltensweisen erklärt.. Zu selten würde über den eigenen Tellerrand geblickt und innerlinke Gräben scheinen unüberwindbar, beides Vorraussetzungen, um eine gemeinsame revolutionäre Perspektive zu schaffen. Als Gegenentwurf sehen die Veranstalter_innen kommunale Strukturen. Denn dort könnte mehr Aufmerksamkeit auf die Gemeinsamkeiten gelegt werden, als auf die Sachen, die uns trennen. Das wurde am Beispiel des basisdemokratischen Konförderalismus in Nordkurdistan etwas anschaulicher dargestellt. Dort wird aktiv an einer Gleichberechtigung, unabhängig von Klasse, Geschlecht oder Religion, gearbeitet. Außerdem wird versucht nach dem Konsensprinzip zu arbeiten und allen Leuten einzuräumen, sich im politischen Raum frei zu äußern. Erwähnt wurden noch die Themen Geschlechterbefreiung (Feminismus) und Jugend. Kritik soll es am “westlichen” Feminismus geben, weil sich dort eher auf Etappenziele konzentriert wird, anstatt wirkliche Veränderungen herbei zuführen. Den Übergang zum dritten Teil machte die These, dass eine Bewegung dadurch entstehen könnte, wenn die Moralität der Menschen geschärft wird. Das am besten durch politische Bildung oder tatsächliche Teilhabe in Gruppen oder Räten.

Diese Vorstellung wurde dann auf den Nordkiez übertragen mit einer Basis, bestehend aus einzelnen Häusern, Frauen- und Jugendgruppen, Kooperativen und Einzelpersonen. Von dort könnten Deligierte in eine Kiezversammlung geschickt werden, woraus sich dann Ausschüsse oder Komitees zu den einzelnen Bedürfnissen und/oder Problemen bilden. Ziel müsse sein, sich parallel zum Staat selbst zu organisieren, anstatt die Macht übernehmen zu wollen oder einen neuen “besseren” Staat zu gründen. Kurz umrissen wurde das am Beispiel von https://neustartschweiz.ch, wo es im Grunde um Relokalisierung (Waren lokal beziehen) und Allgemeingüter-teilen geht. Eine andere Idee vom kapitalistischen Markt unterwandern, brachte die Geschichte einer Kooperative aus Kurdistan, die den Zuckerpreis damit drücken konnte, indem sie selber massenhaft Zucker eingeführt hat, wodurch größere Importeure den eigenen Zuckerkurs anpassen mussten. Und damit ging es in die Diskussion.

Begonnen wurde mit dem Einwand, dass eine (Re-)Politisierung der Leute oft mit einer Art Gegenkultur einher geht, die zur Folge hat, dass mensch sich wieder nur in einer Szeneblase wieder findet. Gemeint war aber eine gesamtgesellschaftliche Politisierung, die die Spaltung in “linke Szene” und Gesellschaft aufbricht. Danach wurde sich mit der Kiezversammlung, die es im Nordkiez schon mehrmals gab, auseinander gesetzt. Am Anfang war sie gut besucht und es fand ein gewisser Austausch statt, bis sich das Ganze, auch durch die Beteiligung einzelner Lokalpolitiker_innen, wie eine demokratische Institution angefühlt hat. An dem Punkt wurde sich lieber für Spaltung und gegen die Kiezversammlung entschieden, weil keine/r Macht bekommen sollte. Die Gefahr bestünde auch beim Ansatz kommunale Strukturen, da es zu einer Machtanhäufung von unten nach oben kommen könnte. Siehe Nordkurdistan, wo die PKK die absolute Macht ist. Und vielleicht sollten wir gar nicht nach Alternativen in dieser Gesellschaft suchen und sie lieber zusammen brechen lassen. Dadurch würde aber ein Vakuum entstehen, welches mit irgendwelchen Ideen gefüllt werden müsste. Dafür wäre es besser im Ist-Zustand eine Alternative zu entwickeln. Und es wurde widersprochen, dass Macht nach oben angehäuft wird. Eher soll es zu einer Art Selbstkontrolle von unten kommen, durch die politisierten Menschen. Und die Forderungen würden sowieso direkt von der Basis kommen.

Abschließend wurde noch festgehalten, dass natürlich immer irgendwo Macht entstehen könnte, die Leute müssten halt wissen, was sie warum tun. Damit war die Veranstaltung auch schon am Ende.

 
Lesung: Rede auf drei Stühlen
 

Der Autor von „Rede auf drei Stühlen“ hat aus seinem Buch vorgelesen. Dieses beschäftigt sich mit der Befriedung von Widerstand am Beispiel der Flora/Lampedusa Demo im Dezember 2013 in Hamburg. Den Ausbruch von Riots an diesem Tag findet er voll in Ordnung, kritisiert werden Versuche die nachfolgende Ausrufung eines Gefahrengebiets in Hamburg zu entpolitisieren bzw. die üblichen Spaltungsversuche bestimmter Richtungen.

Diese Lesung fand bereits vor unterschiedlichem Publikum statt, war aber in der Kadterschmiede nicht als Diskussion vorbereitet, weil der Autor davon ausging, das hier seine Thesen geteilt werden. Vom Publikum gab es auch keinen Widerspruch.

 
Workshop: Herrschaftskritik
 

Zunächst wurde die Aufgabe gestellt, dass untereinander versucht wird die Begriffe „Macht“ und „Herrschaft“ zu definieren. Die Zeit dafür war sehr knapp bemessen um zu zeigen das auch hier schon der Veranstalter des Workshops Macht über die Teilnehmenden ausüben kann. Macht wurde nicht von allen Teilnehmenden als negativ definiert, was vielleicht eine treffende Momentaufnahme der Szene gegenwärtig darstellt.

Dann wurde über die Enstehung von Herrschaft durch anhaltende Macht geredet und über die Legitimierung derselben. Insgesamt eine wichtige Veranstaltung weil genau das ungeklärte Verhältnis zu diesen Begriffen ein Problem darstellt. Der Verfasser dieses kurzen Berichts stimmt nicht mit der im Workshop vorgstellten Definition von Macht überein.

 
Resumee: Riot ist der Moment – Revolte ist die Perspektive

Nach einem Erlebnisbericht in literarischer Form zum 01. Mai 1987, in dem deutlich wurde, wie wenig der damalige Straßenkampf und das Plündern vom Bolle – Supermarkt von Autonomen geplant wurde, wie sehr viel mehr das aus dem Kiez heraus entstand, begannen wir mit einer Diskussion um Aneignung.

Aneignung bedeutet zunächst der Arbeit entkommen zu können. Hartz4 und Grundsicherung können durch Klauen aufgebessert werden.

Ist Aneignung politisch? Ab wann ist Aneignung nicht mehr nur reine Selbstbefriedigung/-bereicherung?

In dem Moment, wo Aneignung auf Kollektivierung abzielt, beginnen wir das Klauen aus kapitalistisch geprägten Bedürfnissen und Formen heraus zu holen. Der vereinzelte Diebstahl führt im gemeinsamen Plündern zu kollektiven Formen.
Das könnten wir schaffen indem wir das Klauen öffentlich machen, durch offensichtliche Klauaktionen, wie in Spanien geschehen, in einer Tangoperformance durch den Laden wirbelnd die Waren einsteckend („Jomango“). Plakate in Läden und Supermärkte die zum Klauen inspirieren, können ein Faktor eines öffentlichen politischen Umgangs mit der Aneignung sein. Ein Erlebnisbericht machte deutlich, wie sehr regelmäßiges wenn auch vereinzeltes Klauen, das Gefühl der Möglichkeiten, die Bereitschaft zum Kollektivieren, das Bewusstsein zum Teilen der Waren öffnet. Nachdem eine kleine Gruppe etwa 1 Jahr regelmäßig klauen geht, stellen sie nun fest, dass sie mittlerweile alles teilen, weil alles was fehlt ja wieder geklaut werden kann.

Wie kommen wir zum gemeinsamen Plündern? Wie entstehen diese Momente?
Es ist keine Frage von Vermittlung der Ausbeutungsverhältnisse und Produktionsbedingungen. Viele Menschen sind auch ohne eine solche Einbettung bereit, sich am Plündern zu beteiligen. In einem örtlichen begrenzten Bereich wo keine unmittelbare Repression zu erwarten ist, die Leute in einen geöffneten Laden rein- und auch wieder rauskommen können, sind viele Menschen bereit sich am Plündern zu beteiligen. An einem Ort ausbleibender unmittelbarer Repressionsgefahr verselbstständigt sich etwas zu einem Kollektiv gegen die Herrschaft. Ergo: nach Hamburg haben wir verstanden, dass wir auch alle Kameras abdrehen und/oder zerstören sollten, um den Raum von aller nachfolgenden Repression frei zu halten.

Wir müssen gerade da heraus Aneignung breiter denken. In den Berliner Knästen hocken regelmäßig mehrere hundert Menschen wegen des „Erschleichen von Leistungen“. Das betrifft auch Leute die sich die Beteiligung am öffentlichen Nahverkehr angeeignet haben. In Solidarität mit jenen welche von der BVG und den Bullen verfolgt werden, können wir diese Formen der Aneignung kollektiv erlebbar und aufhebbar machen. Das kann geschehen, indem Ticketautomaten zerstört werden oder an der Knastindustrie beteiligte Firmen angegriffen werden.

Wie ist beim Klauen der Konsum als innere Haltung in Frage zu stellen? Muss es denn die neue tolle Northface-Jacke sein? Die Erfahrung der Einfachheit des Klauens verführt zu vermehrtem Konsum und schlichter Selbstbereicherung. Das Belohnungssystem wirkt den kapitalistisch anerzogenen Mechanismen ähnlich.

Klauen ist aber auch eine Frage der Privilegien. Entspannt klauen können doch nur Leute die nicht sehr ärmlich aussehen und / oder keine people of color sind. Auch gibt es unter uns Leute, die körperlich und psychisch nicht in der Lage sind zu klauen, auch wenn sie den Akt der Aneignung unterstützen.

Wenn wir das andressierte Belohnungssystem von angeeigneten Sachen für uns nutzen und viel Geklautes in freeboxen oder einem Sozialkaufhaus für Viele zugänglich machen weiten wir unsere Privilegien in eine Art loses gefühltes gesellschaftliches Kollektiv aus.
Auch tauchte die Idee einer freebox für Stifte auf, sich das Aneignen der Straßen und Wände mittels Grafitti auszuweiten.

Lass ma‘ plündern gehen…

 
Protokoll: Riot ist der Moment – Revolte ist die Perspektive

Nach einem Text mit einer Fülle an Thesen über die Bewegung der frühen 80er gab es ein Gespräch mit einem Zeitzeugen dieser Phase in Westberlin. Es wurde auseinandergesetzt, welche Stimmung in Kreuzberg vorherrschte, die eine rege Praxis der Enteignung mit sich brachte. Es gab organisierte Gruppen der damals wuchtigen Szene um die Häuser, die Klauen und Plündern gingen. Einerseits, um das eigene Leben zu bestreiten ohne sich auf der Arbeit ausbeuten zu lassen, andererseits um eine antikapitalistische Praxis der Wiederaneignung zu etablieren. Dabei kam der Szene wohl auch eine avantgardistische Rolle zu, trotz oder gerade wegen der Politik der ersten Person. Jedenfalls führt die Aktivität der Szene damals wohl dazu, dass in weiten Teilen der Bevölkerung das Bewusstsein über die Ausbeutungsverhältnisse zu einer Bereitschaft der Expropriierung führte. Dies gipfelte in kollektiven Momenten des Aufstandes, wo es zu umfangreichen Plünderungen kam. Bekanntestes Beispiel ist die Plünderung und anschließende Niederbrennung des Supermarktes Bolle am 1. Mai. Auch der Ladendiebstahl oder das Fälschen von Tickets für die Bahn waren Gang und Gebe.
Die Diskussion ging dahin, zu hinterfragen, warum die kollektive Aneignung mehr oder weniger Ausgestorben ist, während Ladendiebstahl (auch in unserer Szene) eine sehr weitverbreitete Praxis ist. Grund hierfür ist natürlich die Repression, die geziehlt gegen Kollektivität vorgeht. Dass Respekt vor Eigentum heute weiter verbreitet ist als vor 20 oder 30 Jahren wollte eigentlich niemand wirklich behaupten. Im Gegenteil wurde die These aufgestellt, dass die Entfremdung weiter fortgeschritten ist und im Moment des Aufstandes sich große Bevölkerungsteile an Zerstörung und Plünderung von Eigentum beteiligen werden. Hamburg hat dafür eine Vorschau geliefert.
Hinterfragt wurde auch noch, wie unser Verhältnis zu Enteignung von kleinen Läden oder Kollektiven ist. Dabei wurde betont, dass die Praxis des Ladendiebstahls z.B. sehr abhängig ist von Privilegien. Nicht jeder kann dort klauen, wo es am politisch korrektesten ist, sei es wegen Aussehen, Kleidung oder Skills. Jede/r muss sich deshalb selbst fragen, ob und wo sich Dinge einfach genommen werden können.
Die Diskussion soll am Freitag Abend um 20 Uhr im Newyork fortgesetzt werden. Weiterführende Grundlage wird der Text „7 Thesen zum Riot“ (https://barrikade.info/7-Thesen-zum-Riot-1089) sein. Auch zum Thema ist die Dauerinstallation im NewYork, bei der visuelle und Audioeindrücke kunstvoll verbunden sind.

 
Protokoll: Riot – Was war los in Hamburg?
 

Die vielfältigen Formen von Protest und Widerstand gegen den G20-Gipfel in Hamburg liegen mittlerweile ein dreiviertel Jahr zurück. Sie haben ein sehr unterschiedliches mediales und politisches Echo hervorgerufen und der öffentliche Kampf um die Deutungshoheit über das Geschehen dauert weiter an. Aber auch innerhalb der linken Bewegung sind die Ereignisse umstritten und die diesbezüglichen Positionen sehr heterogen, insbesondere was die Bewertung der Vorgänge während des G20-Wochenendes am Freitagabend, den riot, betrifft, um den es bei der Veranstaltung gehen soll.

Achim Szepanski wird das von ihm mit herausgegebene Buch “Riot – Was war los in Hamburg – Theorie und Praxis der kollektiven Aktion“ vor- und zur Diskussion stellen. Der Journalist Peter Nowak widmet sich in seinem Beitrag der Repression als Gradmesser der autoritären Verfasstheit der deutschen Gesellschaft.

Zunächst hat Sebastian Lotzer einige Passagen aus seinen „Schanzenblues“ gelesen. Es ist eine poetische Auseinandersetzung mit den Tagen des Riots in Hamburg. Sein Text endete mit dem Satz: „Wenn wir unsere Komfortzonen, unsere Nischen verlassen, uns auf die Anstrengungen einlassen, uns auf die wirklichen sozialen Realitäten mit allen schmerzhaften Widersprüchen einlassen, mag etwas gelingen, etwas Neues möglich sein.“

Im Anschluss stellte Achim Szepanski die Theorie des US-Soziologen Joshua Clover zur Zunahme der Riots vor. Es ist eine marxistische Analyse, die darauf rekurriert, dass Kampf- und Aktionsmittel mit der Entwicklung in den Produktionsverhältnissen korrelieren. In der Frühindustrialisierung bestimmten spontane Aufstände (Weber_innenaufstand, Maschienenstürmer_innen etc.) die politische Agenda. Mit dem Anwachsen der großen fordistischen Fabriken entstand eine Klasse von Lohnabhängigen, die länger an einen Ort, einer Fabrik lebte und arbeitete. Sie legten die Grundlage für eine Arbeiter_innenbewegung, die innerhalb der Betriebe Gewerkschaftsorganisationen der unterschiedlichen politischen Richtungen aufbauten. Die revolutionären Gewerkschafter_innen setzten auf Aufbau von Gegenmacht in den Betrieben und auf Streiks. Das waren Aktionsformen, die in der Ära der fordistischen Arbeiter_innenklasse angemessen ist, sieht Clover mit dem Ende des Fordismus die Ära der Riots wieder anbrechen. Wobei bei Clover Riots mehr als Sachschäden umfassen. Für ihn gehören dazu Sabotage, Unterbrechungen von Arbeitsprozessen oder Logistikketten, Diebstahl, Haus und Platzbesetzungen.

Clover stellt eine Verbindung zwischen dem Wiedererstarken der insurrektionalistischen Strömung und dem Ende der fordistischen Arbeitsgesellschaft in den siebziger Jahren her. Das Ende dieser spezifischen Produktionsbedingungen sei durch regionale Deindustrialisierung und eine wachsende Bedeutung von »Kapitalbewegungen in der Zirkulation« gekennzeichnet gewesen, womit er die Ausdehnung des Dienstleistungs- und Verwaltungssektors beschreibt. Clover ordnet Streiks der Phase der fordistischen Produktion zu und die Riots der Zeit, in der der Fordismus an Bedeutung verloren hat.

»Die Ära des sozialistischen Kampfes wird identifiziert mit dem Aufstieg der industriellen Produktion – und der Streik geht damit einher. Gerade die großen Theoretiker des Sozialismus erheben den Streik zur Idealform des Kampfes im Gegensatz zum Riot. Beim Streik herrscht Disziplin. Der Riot hingegen ist spontan und chaotisch – die führende Rolle haben nicht die Arbeiter, sondern das von Marx verachtete Lumpenproletariat. Der Streik ergab also in der Zeit des Industriekapitalismus vor dem Hintergrund derselben Strukturen Sinn, die den klassischen sozialistischen Horizont ausmachten. Demnach sollte die organisierte Partei des Proletariats die Staatsmacht ergreifen, um jenes Übergangsregime zu errichten, in dem der Staat dann abstirbt.«

Streik – Riots – Gegensätze?

»Der Streik ist eine kollektive Aktion, die sich um den Preis der Arbeitskraft und bessere Arbeitsbedingungen dreht, während der Aufstand den Kampf um die Preise und die Erhältlichkeit von Marktgütern inkludiert«, fasst Szepanski die von Clover in dessen Buch vertretenen Thesen zusammen. Eines von Clovers wenigen Interviews in einer deutschsprachigen Zeitung gab er der Jungle World im Jahr 2016 (https://jungle.world/artikel/2016/43/die-aera-der-krawalle). Dort formulierte er einige Thesen, die nach den Riots von Hamburg eine neue Bedeutung bekommen haben. In dem Interview ordnet Clover den Insurrektionalismus historisch ein:

Welche Rolle spielt das für die Ideengeschichte der Arbeiterbewegung?

Die Ära des sozialistischen Kampfes wird identifiziert mit dem Aufstieg der industriellen Produktion – und der Streik geht damit einher. Gerade die großen Theoretiker des Sozialismus erheben den Streik zur Idealform des Kampfes im Gegensatz zum Riot. Beim Streik herrscht Disziplin. Der Riot hingegen ist spontan und chaotisch – die führende Rolle haben nicht die Arbeiter, sondern das von Marx verachtete Lumpenproletariat. Der Streik ergab also in der Zeit des ­Industriekapitalismus vor dem Hintergrund derselben Strukturen Sinn, die den klassischen sozialistischen Horizont ausmachten. Demnach sollte die organisierte Partei des Proletariats die Staatsmacht ergreifen, um jenes Übergangsregime zu errichten, in dem der Staat dann abstirbt. Dazu ist es bekanntlich nie gekommen. Das sozialistische Projekt stagniert erst, bricht nach langem Siechtum in sich zusammen – und schließlich kehrt der Riot zurück.
Aus: Jungle World 2016/46

Weiter unten in dem Interview kommt dann eine Passage, in dem Clover eine fast pathetische Eloge auf die Riots formuliert:

Gibt es ein Äquivalent zur Idee des Generalstreiks – so etwas wie den »general riot«?
Das Meisterwerk über den Generalstreik ist Rosa Luxemburgs Essay von 1906. Es gibt darin diese brillante Passage, wie eine Vielzahl unterschiedlicher Kämpfe als kleine Bäche und Flüsse zusammenlaufen, um am Ende einen mächtigen Strom zu bilden. Während es nicht in der spontanen Natur von Riots liegt, dass in Hunderten Städten gleichzeitig mit dem Ziel einer kommunistischen Gesellschaft Riots ausbrechen, kann man sich durchaus vorstellen, dass Riots auf die beschriebene Weise um sich greifen, bis aus kleinen Riots Megariots werden. Bis ein Bewusstsein von Riots nicht als sinnentleerte Zerstörung von Eigentum, sondern als erste praktische Akte kommunistischer Aneignung entsteht. Wer selbst einen erlebt hat, weiß, dass Menschen im Moment des Riots sehr viel geneigter sind zu teilen als sonst. Dass die Menschen beginnen, Riots nicht als feuriges Gewaltspektakel zu begreifen, sondern als Maßnahmen, um ein anderes Verhältnis zu Dingen, ein nichtkapitalistisches zu haben. Dass das um sich greift. Dass in Berlin, in Leipzig, überall die Riots expandieren, bis sie sich ver­einigen – das ist die optimistischste Vision, die ich mir vorstellen kann.“

Auch wenn man diese politische Positionierung kritisch betrachtet, muss man feststellen, dass Clover einer der wenigen Theoretiker_innen ist, der eine marxistische Definition der Riots liefert, der die Riots mit der Entwicklung der Arbeiter_innenklasse verbindet. So liefert er die Grundlagen für eine Diskussion über Riots jenseits von moralischen (Ver)urteilungen und Distanzierungen.

Es gab nach dem Vortrag von Achim Szepanski zunächst zahlreiche Verständnisfragen, weil es sich um eine schwierige theoretische Materie gehandelt hat. Bestimmte Begriffe wie Suprlus-Bevölkerung sind schließlich kaum bekannt.

Im Anschluss wurden einige Fragen zu den Thesen von Clover kritisch gestellt:

Stimmt es denn überhaupt, dass Streiks heute der Vergangenheit angehören?

Gibt es nicht sehr wohl erfolgreiche Arbeitskämpfe, beispielsweise in der Logistikindustrie?

Ist die Riot-Definition von Clover nicht mehr für die französischen Banlieus und die US-Ghettos weniger aber für Hamburg zutreffend?

Waren die Auseinandersetzungen in Hamburg nicht von der radikalen Linken vorbereitete Aktionen, die wenig mit der Definition von Clover zu tun haben?

Das waren nur einige der gestellten Fragen. Es lohnt sich, diese und andere Fragen, die sich aus den Arbeiten von Clover ergeben, weiter zu diskutieren. Vielleicht auch mit Joshua Clover selber, der in den nächsten Monaten im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit in Berlin leben wird.

Einige Links zu den Texten von Clover auf englisch und Deutsch:

https://www.versobooks.com/books/2084-riot-strike-riot

Joshua Clovers “Riot.Strike.Riot”: Theorie und Praxis der kollektiven Aktion

https://shop.laika-verlag.de/shop/diskurs/riot-was-war-da-los-hamburg

https://non.copyriot.com/vortraege-was-war-da-los-in-hamburg-riot-theorie-und-praxis-der-kollektiven-aktion/

 
 

Freitag, 11. Mai

 
Resumee: 7 Thesen zum Riot

Zunächst wurden die „7 Thesen zum riot“ vor- und zur Diskussion gestellt.
„Diese Selbstbefreiung bedeutet für uns nicht das Individuum im Sinne seiner Isolation zu re-
produzieren. Alle kämpfen, doch alle kämpfen für sich. Vielmehr erkennen wir die isolierenden
Wirkungsweisen der Macht an und geben den Individuen den Raum sich selbstbestimmt gegen
diese zu wehren. Im Gegenzug davon ist das zeitweise außer Kraft setzen staatlicher Herrschaft
nur kollektiv möglich und eine Voraussetzung einen kollektiven Freiraum zu erkämpfen.“ ( 7Thesen zum riot“)

Die Diskussion wurde auch sofort mit der Frage nach dem emanzipativen Moment im riot eröffnet.
Der riot ist wohl dann am meisten emanzipativ wenn der jeweilige Ausschluss aller anerkannt wird und wir aufeinander aufpassen. Am Beispiel Loveparade in Düsseldorf und Hamburg Elbufer lässt sich sehr gut erkennen, wie im Gedränge in Ersterem ohne äußere Gefahr (Bullen) die Leute übereinandersteigen und in Zweiterem die Leute noch mit hochgezogen werden, so sie fallen.

Zum riot hin braucht es eine alltägliche Widerstandshandlung, die sich im riot nur als ein Anknüpfen an den eigenen Alltag anfühlen kann. So sollen doch alle Hunde in die Baumscheiben pissen, was der Staat an Zugeständnisse an Grünflächen macht, soll auch als Grünfläche genutzt werden. Auf die Zugeständnisse gepisst.
Wenn wir im riot Prozesse der Reproduktion einbinden könnten (Kochen, Essen, Schlafplätze) könnte dies den Raum noch weiter öffnen und den Moment des riot ausweiten.
Meist gibt es im riot ein Zentrum, welches Umstehende anzieht. Ausweiten können wir uns im riot auch wenn wir mehrere Zentren (Feuer, Plünderungen, Angriffe) außerhalb des meist inneren Zentrum versuchen entstehen zu lassen.

Was bleibt vom riot. Ab wann ist ein riot gut, wann negativ?

Riot an sich ist nicht nur destruktiv- eine Ladenöffnung, Plünderungen und Warenverteilung sind durchaus konstruktive Momente. Im riot sollten kollektive Handlung dieser Art gefördert werden, also suchen wir durch Präzisierung und ständiger Reflektion unsere Haltung, unseren Widerstand im Auge zu behalten.

Medienpropaganda lullt zum Einen ein, skandalisiert ledeglich, zum Anderen aber zieht es Leute an am riot teilzunehmen.
Keine Vorarbeit an der inneren Haltung gegen Herrschaftsverhältnisse führt leider auch nicht zu Eruptionen. Widerständige Haltung muss stetig aufgebaut und angeboten werden.

In einem örtlichen begrenzten Bereich wo keine unmittelbare Repression zu erwarten ist, die Leute in einen geöffneten Laden rein- und auch wieder rauskommen können, sind viele Menschen bereit sich am Plündern zu beteiligen. Es ist keine Frage von Vermittlung der Ausbeutungsverhältnisse und Produktionsbedingungen. Viele Menschen sind auch ohne eine solche Einbettung bereit sich am Plündern zu beteiligen.

In HH können wir vieles mit der Grundstimmung eines widerständigen Kiezes erklären. Sollten wir auf mehr Vorarbeit und widerständige Handlungen zum üben öffnen?

Distanzierungen können von vornherein ausgeschlossen werden, riot ist anziehend und einschließend und grenzenlos. Jede Distanzierung ist das Absprechen der Anziehungskraft gemeinschaftlicher Prozesse die im riot wirken. Der riot ist ein Schwarm und das Verbindende ist seine Intensität.
Im riot gibt es keine Kontrolle und Bremsung. Durch präzise Fassung für uns, was im riot passiert, können wir im riot schneller Aufgreifen, wenn wir jemenschen sehen der_die sich scheiße verhält. Leute mit vorweggenommenen Reflektionen und Erfahrungen können gut aufpassen. Laden wir im Vorfeld von Großaktionen wie der G20 zu gemeinsamen Reflektionen zum riot dieser Art ein. Hamburg hat gezeigt wie viele Leute gegen das System sind.
Diese Vorarbeit kann auch helfen in die Panik, Unruhe in einem riot Ruhe reinzubringen, sich an Erfahrene und deren sichereres Bewegen zu halten. Unsere Aufmerksamkeit kann durch Diskussionen im Vorfeld geschärft werden.

In Frankreich wurden in den ersten riot-Tagen Masken zum Schutz gegen Tränengas verteilt. Dies führte dazu, dass die Leute selbst verstanden wie sie sich für die weiteren Tage gut vorbereiten müssen.

Das Gerücht einer massiven Nazi-Beteiligung in Hamburg haben wir in unserer Diskussion als Diffamierung des gemeinsamen Protestes gewertet. Vielleicht waren einzelne Nazis unter den Leuten, aber wir denken, dass große Horden erkannt und ausgeschlossen, (in linken Medien und / oder vor Ort) bekämpft worden wären. Klar ist das wachsende Naziproblem etwas, was wir in unseren Kämpfen reflektieren müssen, aber wir denken dass es in Hamburg keine Großgruppen an Nazis gab.

Gelebte riot-Erfahrungen lassen sich schlecht gegenüber Unerfahrenen erklären. Die Einbindung in Aktionen im Vorfeld und im riot selbst müssen versucht werden.

Zur Frage der Militanz/ Gewalt.
Gewalt ist in Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien,… als politisches Mittel mehr anerkannt als in Deutschland. Gewalt ist aber für uns eine Form von self defense, die wir nicht anerkannt bekommen müssen, wir wissen wozu und wer im riot ist. „Wir sollten nicht vergessen, dass in Deutschland die Leute an roten Ampeln verhungern würden, wenn diese nicht auf grün schalten“, so ein Diskussionsbetrag.

Militanz! Workshop zu Theorie und Praxis
 

Veranstaltung zu Militanter Theorie und Praxis

Im Zuge der Diskussion und Chaostage 2018 fand am 11.Mai ein Workshop unter dem Titel:
„Militanz – Theorie und Praxis Militanter Aktionen“ statt.
Generell war die Beteiligung weit größer als von uns erwartet was uns sehr gefreut hat.
Nachfolgend ein zusammenfassendes Protokoll der Veranstaltung mit Ausblick auf weitere
Diskussionen.

Grundsätzlich hatten wir drei Fragen in den Raum gestellt, die es zusammen und in kleinen Gruppen zu erarbeiten galt und die am Ende zusammen diskutiert worden sind:

1.) Was bedeutet Militanz?
Hier ging es darum Definitionen zu erarbeiten und zu besprechen, die den Begriff der Militanz in allen Facetten wieder geben und die klar machen worüber wir sprechen, wenn wir über Militanz reden.

2.) Welche sind die Ziele militanten Handelns?
Was kann die Militanz erreichen, wozu dient sie, was ist Teil militanter Strategien?

3.) Welcher Voraussetzungen bedarf militantes Handeln.

Bei dieser Frage dreht sich alles um Taktik und die unterschiedlichen persönlichen, sozialen und
politischen Voraussetzungen die nötig sind um Militanz um zu setzten.

Nachdem zu allen drei Fragen Stichpunkte und Schlagworte gesammelt worden sind haben sich die Teilnehmer*innen in drei Arbeitsgruppen auf geteilt um die jeweilige Fragestellung zu erörtern mit dem Ziel am Ende eine klare Definition zu haben.

Militanz, Versuch einer Definition:
Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit zwei unterschiedlichen Definitionen des Begriffes Militanz.
Aus Wikipedia:

„Der Begriff Militanz bezeichnet eine kriegerische Haltung, ein aggressives Auftreten, eine physische Gewaltbereitschaft von Personen und Gruppen im Kampf für bzw. gegen politische oder religiöse Überzeugungen als auch eine aggressive, gewaltsame Vorgehensweise. “
1
Aus Pisma:

„… Wir wollen hier für militante Aktionen plädieren, die gezielt, gut geplant und wohl dosiert sind; die keine Menschenleben gefährden, kein Eigentum Unbeteiligter unnötig in Mitleidenschaft ziehen und natürlich kein Terror, d.h. ungezielt Angst und Schrecken, verbreiten. Linksradikale militante Praxis heißt für uns zum Beispiel direkte Aktionen gegen staatliche Institutionen, rechte Strukturen, Verantwortliche für gesellschaftlichen Rassismus, Sexismus oder kapitalistische Ausbeutung. Sie
sollten immer für unser Selbstverständnis und unser Ziel einer Gesellschaft ohne Hierarchien, Gewalt und Ausbeutung stehen. Wir intervenieren mit den Mitteln, die wir für richtig halten, unabhängig davon, wo der Staat seine Grenzen zieht. Dies verändert nicht den Inhalt, sondern nur die Bedingungen unseres Handelns. Aus Repressionsgründen ziehen wir es vor, unerkannt nachts
(oder auch mal tagsüber) militant zu agieren, auch wenn offenes militantes Vorgehen den Vorteil haben kann, eine größere Öffentlichkeit und mehr Sympathie zu erzielen. …“2

Zu erst einmal Muss festgehalten werden, dass es in der Kürze der Workshop zeit nicht möglich war eine allgemeine Definition des Militanzbegriffs zu erarbeiten.Auch ganz klar wurde gemacht, dass der Begriff der Militanz keineswegs nur auf radikale Linke anzuwenden ist. Auch nicht die Ergänzung der Anarchist*innen und sonstiger progressiver Strömungen wird dem gerecht. Militante Nazis sind als Beispiel im vorgebrachten Verständnis leider auch nicht von der Hand zu weisen.
Irgendwie waren die Vorstellungen darüber, was mensch sich unter dem Begriff vorstellt, die ganz konkreten Grenzen des Begriffs Militanz sind jedoch ziemlich individuell gesetzt. Trotzdem war es möglich Eckpunkte fest zu halten. Militanz ist ein Werkzeug der politischen Arbeit und somit einer politischen Strategie untergeordnet. Auch stehen sich klassisch zwei Punkte etwas gegenüber und zwar die Militanz als „Lebenseinstellung“ und somit durch alltägliches Handeln bestimmt und die Militanz als aktionistische Taktik. Auch haben wir fest gestellt, dass unser Verständnis von Militanz von Staatlicher Propaganda geprägt ist, so sind es meist illegale Aktionen die auch bei uns primär mit der Begrifflichkeit verbunden sind. Ein weiterer Punkt ist das eine Definition militantem Handelns nicht nur den „Zerstörerischen Akt“ fokussieren dar sondern auch konstruktiv verstanden sein muss. Hier hätten wir uns ein bisschen mehr Zeit für eine genauere Betrachtung gewünscht, eine Aufgabe für die Zukunft also.

Zur Frage der Zielsetzung:
Ziele militanten Handelns sind eben so vielfältig wie individuell. Auch hier haben sich jedoch ein paar Punkte heraus kristallisiert die wir euch nicht vorenthalten möchten.
Zum ersten ist die Zielsetzungsfrage in zwei temporäre Abschnitte eingeteilt worden. Dabei steht als
Langfristiges Ziel militanten Handels die Abschaffung /Zerstörung bzw. das Überwinden des Systems, als eine Art großes Ziel. Mittelfristig ist neben dem hinarbeiten auf dieses Ziel der Widerstand gegen die Unterdrückungsmechanismen des aktuellen Systems in all ihren Vielschichtigkeit strategisches Ziel. Auf der Taktischen Ebene sind die Antwortoptionen auf die Frage, was wir mit militanter Praxis erreichen wollen und können schon wesentlich vielfältiger.
Im eingangs verlesenen Text aus der Prisma von 2010 ist bereits einiges an taktischer Zielsetzung
beschrieben worden. In den Raum gestellt aber aus zeit Gründen nicht kontrovers diskutiert war die These, dass es nicht das Ziel militanter Aktionen sein kann, Leute zu Werben, also entgegen dem Konzept der „Propaganda der Tat“ eine Aktion lediglich direkt auf das angegriffene Ziel wirken sollte. Eine Begründung dieser These blieb die Diskussionsgruppe „Ziele“ der Runde allerdings schuldig.
Eine weitere im ersten Moment logische These ist das Militanz nicht zum Spaß da ist, sondern wohl überlegt und wohl dosiert, Zielgerichtet gegen etwas eingesetzt werden muss. Verknüpft damit war die Frage mit dem allgemeinen Umgang mit Gewalt, einem Begriff, auf dessen Auseinandersetzung wir in der Definitionsgruppe gehofft hatten. Es wurde angebracht, dass es häufig schwierig ist zum einen gewaltvolle, militante Aktionen zum Lebensalltag zu machen, im sozialen Miteinander dann
jedoch die damit verbundene Aggression „ab zu schalten“ hier schließt sich der Kreis zur vorgenannten These. Natürlich wird niemensch behaupten, Militanz sei nur zum Spaß. Allerdings sind soziale und emotionale Faktoren die vielleicht mit „Frustabbau“ zu benennen und der
Schaffung kollektiver Momente, oder dem Gefühl der Selbstermächtigung durchaus im Zuge der Auseinandersetzung mit den Zielen militanten Handelns, mit zu diskutieren.

Voraussetzung:
Auch die „Diskussionsgruppe Voraussetzungen „ hat ihre Antworten kategorisiert.
Auf Emotionaler/ Persönlicher Ebene wurde fest gestellt, dass ein Bewusstsein über die repressive Folgen einer Aktion sehr wichtig ist, hierzu müssen die persönlichen Grenzen nicht nur für eine*n selber klar sein sondern müssen ggf. auch in der Gruppe klar formuliert werden können. Ebenso das Respektieren dieser persönlichen Grenzen muss ganz klar vorhanden sein. Um sich für militantes Handeln zu entscheiden bedarf es auch eines Unrechtsbewusstsein aus welchem sich nicht häufig eine motivierende Wut speist.Weniger genannt aber nicht weniger Wichtig sehen wir auch die Auseinandersetzung mit den nötigen Sicherheitsmaßnahmen.
In der zweiten Kategorie wurde die Ebene der Organisation bzw. der Struktur, des Kollektivs, der Gruppe oder wie auch immer genannt, betrachtet. Die Frage der Notwendigkeit einer Bezugsgruppe um militant agieren zu können wurde hier nicht gestellt sondern es wurde voraus gesetzt, dazu gibt es sicherlich auch andere Einschätzungen welche es dann zu diskutieren gilt.
Weniger Fragwürdig ist die Notwendigkeit des speziellen Wissens um operative Sicherheit, Technik/Methodik und taktische Grundlagen der Aktion, dieser Punkt ist wohl allen klar. Hier raus ergibt sich dann die Notwenigkeit der angemessenen Planung, welche Ressourcen an
Wissen, Zeit evtl.. Geld uvm. Beansprucht, welche entweder vorhanden oder Vorher auf getrieben
sein müssen.
Die dritte Kategorie wurde anhand der Frage nach den gesellschaftlichen Voraussetzungen aufgemacht. Als gesellschaftliche Voraussetzungen wurden ein Bewusstsein bzw. ein Verständnis der Gesellschaft für das angeprangerte Unrecht bzw. die Unterdrückung genannt woran sich sicherlich die Frage nach der Vermittelbarkeit einer Aktion anschließt, bzw., besser ausgedrückt, die
Frage ob eine Aktion für die Masse der Gesellschaft 1. Nach vollziehbar sein muss und 2. von der Masse der Gesellschaft gut geheißen werden muss. Ist es also Notwendig mit einer Aktion gesellschaftliche Akzeptanz zu erlangen, obwohl wir die Gesellschaftlichen Verhältnisse ablehnen? Hier hätten sich sicherlich kontroversen auf gezeigt, leider blieb auch hier keine Zeit zur
Diskussion.
Eine weiteres wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Frage der Voraussetzungen um militant agieren zu können war die Frage nach den Privilegien über die wir jeweils verfügen. Hier standen sich die Ansätze „bestimmte Aktionen bedürfen bestimmter gesellschaftliche Privilegien“ und „Jede*r hat die Möglichkeit militant zu agieren“ gegenüber. Eng verknüpft mit der Diskussion über
die Hierarchisierung von Aktionsformen. Es wurde klar dass unterschiedlichen Aktionsformen unterschiedliche Effektivität unterstellt wird, und damit oft auch gewertet wird. Es wurde aber auch diskutiert ob in die Beurteilung einer Aktion nicht auch die Persönlichen Voraussetzungen wie Aufenthaltsstatus, Zeitvermögen, Finanzielle Absicherung und körperliche Verfassung mindestens eben so hoch zu bewerten sind wie der Sachschaden am Ziel z.B.

Insgesamt waren drei Stunden Workshop für die Komplexität des Themas deutlich zu wenig.Allerdings war das Angebot der Tage vielfältig und die Termine eng gesetzt. Wir gehen auf jeden Fall mit einem Positiven Gefühl aus der Veranstaltung und sehen die Diskussion eher als
gestartet denn als abgeschlossen an. Gerne hören und lesen wir Kritik zur Methodik des Workshops oder andere Interpretationen der Veranstaltung. In dieser Auswertung bzw. Zusammenfassung sind einige Fragen bereits auf geworfen die es zu diskutieren gilt. Hierbei hoffen wir in nächster Zeit auf viele Beiträge von Euch.

 
„Von Barcelona bis Aachen“ – über die Anti-Terror-Gesetze in Spanien, Knast und Folter
 

Überblick über die verschiedenen sogenannten Anti-Terror Operationen:

Operacion Columna: 2013, Deponierung eines Sprengsatzes im Dom. Strafe 4, 5 Jahre.

Operacion Pandora: 11 Personen im Verdacht Mitglieder einer torroristischen Vereinigung zu sein 7 werden für 45 Tage in U-Haft gesteckt. 2017 Verfahren wird eingestellt. Nach umfassenden Observationen. Kein einziger Nachweis über eine Straftat.

Operacion Piñata: umfangreiche Maßnahmen in mehreren Städten, Vorwurf terroristische Vereinigung, 15 Verhaftungen, 5 in U-Haft, 21.01.2018 eingestellt, kein Nachweis von Taten.

Operation EIS: 6 Personen, Straight Edge Madrid, „Verherrlichung des Terrorismus“

Darlegung der Ursprünge der Antiterrorgesetze mit Beginn 1894

mit dem Höhepunkt 2015 (Folge des Anti-Jihadismus-Packets): Eine Person allein begründet eine terroristische Organisation.

Zu Knast und Folter:

Doku Empfehlung: 120 Stunden: Weg von Verhaftung zum Verhör in Madrid. 5 Tage Verhör in Madrid unter Folter.

F.I.E.S Demokratisierung der Isolationshaft, 1991 eingeführt, Kategorien 1-5, je nach Beruf, psychologischer Einstufung, Besonderheit wie Politiker etc. Zum Schutz auch der Gefangenen vor der gegenseitigen Erniedrigung.

Dispersion: Verlegung der Gefangenen fernab ihrer Familien, Zermürbung des Umfeldes.

Warum all diese massiven Repressionsfälle in Spanien?
Seit der Einstellung der bewaffneten Kämpfe der ETA, massive Repression v.a. anarchistischer Ideen.
Der Kampf gegen Terrorsimus hat dazu gedient große Politik zu machen, in die Regierung zu kommen. Auch anschläge auf Politiker verhalfen diesen zu Ansehen.
Da dieser kampf wegfiel konzentrierten sich die Behörden auf islamistischen Terror. Und in den großen Tageszeitungen wird seit 6 Jahren das anarchistische Dreieck, Griechenland, Spanien, Italien als Terrornetzwerk ausgeschmückt.

=> Ein Neuer Feind musste geschaffen werden nach der ETA: die anarchistische Bewegung.

Die Krise hat viele Streiks und Kämpfe hervor gebracht. Aber viel mündete in Soliarbeit, die Radikalisierung der Kämpfenden blieb aus. Es kam in Barcelona die Unabhängigkeitsfrage dazu, die die Bewegung auch noch gespalten hat.

Lisa und Pax Bank Aachen:

Lisa wurde anarchistischer Bewegung Pandora zugeordnet

Es wurde DNA an Klamotten in der Bank gefunden. Nach einiger Zeit wurde auch europaweit nach Matches der DNA geschaut. V.a. weil Zeug*innen einen ausländischen Dialekt ausgemacht hatten. Es gab einen Treffer zu einer direkten Aktion in Barcelona: Die Fährte nach Spanien war gelegt. Eine Falsche wird kurz drauf in einer bar mitgenommen, aus der Lisa getrunken haben soll. Die DNA passt zu der gefundenen DNA. Sommer 2016 Festnahme von Lisa, Vorwurf Pax Bank Aachen ausgeraubt zu haben, sie wird zu 7,5 Jahre Haft verurteilt. Ermittlungen laufen weiterhin nach Mittäter*innen.

Diskussion:

Zur Aussageverweigerung:

In Spanien eigentlich völlig unbekannt, aber auch so nicht umsetzbar nach 5 Tagen Folter.
Aber Menschen können sich entsheiden was sie aussagen, z.B immernoch besser sich selbst zu belasten, als die Aussage ich war es nicht und damit sind es andere gewesen. Die Foltermethoden sind massiv, es wird angedroht deine Freund*innen in den Zellen nebenan zu foltern, deine Familien.

Wenn das Delikt einen politischen Hintergrund hat, ist die Bestrafung immer höher. Wenn z.B. eine Zecke einen Faschisten angreift, und er stirbt ist das Mord. Eigentliches Strafmaß für Mord: 10 Jahre Haft. Aber weil politisch motiviert dazu gereimt wird, werden es 15-20 Jahre.

Beitrag aus Chile: Ein Großteil der Arbeit von Anarchist*innen geht in Chile dafür drauf Kohle für Repressionskosten heran zu schaffen. Die Repression ist sehr krass. Es muss z.B. für jede Woche Essen für die Gefangenen von draußen organisiert werden. Bsp. Scripta Manet braucht jeden Monat 7 000 €, die sie an den Staat zahlen müssen.

 
 

Samstag, 12. Mai

Zur Veranstaltung Liberating Grounds for our Liberation wurde eine Broschüre der GARE Squat/Athen verteilt.
 

The event started with an overview about the history of Exarcheia.

Historial chronology:

1859 The 1st student revolt tooked place in Exarcheia. During the conflicts between students and cops, the first occupied the university and the later raided it. This year the university asylum started.

1896 Armed student occupation of university, students armed themselves and announced that they will shoot any cops who dare to enter the ground

During the German occupation Exarcheia was one of the first places for meetings to create the liberation army, ground for conflicts between occupiers and armed people

1944 Civil War → communist forces in open conflict with democratic state, Exarcheia turns into a daily battlefield

The 60´s Intense student and worker protests take place where Exarcheia is the main place of it.

1973 Huge revolt against the dictatorship, Polytechnio university occupied, on 17th of November tanks entered Polytechnio to break down the revolt.

1979 Another university occupied, repressed by army of communist party ( also called KNAT).

The 80´s Punk / subculture: first squats opened, materializing visions here and now in the everyday life → state understands Exarcheia as place of organizing & fighting → constant repression from the state and flood of Exarcheia with drugs, heroine, with cops selling junk, since then: people organise against drug mafia (clashes between people and drug dealers, number plates of drug dealers get published)

17th November 1980 Demonstration of the Polytechnio revolt, cops beat two people to death, Stamatina Kanellopoulou and Iakovos Koumis

1984 Huge police operations: mass arrests, beatings → sparks resistance, riots when cops entered Exarcheia, occupation of chemistry university, state react with bans

17th November 1985 Cops murdered the 15 year old protester Michalis Kaltezas , shot on the back of the head during clashes, same night Polytechnio occupied

role of the media: constantly publishing, Exarcheia being described as the independent state of Athens, fortress of criminals, space that you can not enter inside = „no-go area“, publications about drug dealing, prostitution, robberies, rapes, etc.

1995 Polytechnio and other universities occupied → moments of revolts, intensification of struggle, catalyst for movement, Polytechnio occupation is biggest occupation in time of Metapolitefsi, 500 people taking part – 500 people got arrested

another tool of oppression: gentrification, urban development

2003 The upcoming Olympic games: Exarcheia target of gentrification, plan to redevelop the central square, shut down public square, surveillance → residents mobilized immediately and destroyed works → plan was abandoned

2006-2007 Mass student uprisings, during this time: high media propaganda
daily publications calling for mass police operations

6th of December 2008 Murder of Alexis leads to mass social revolts
parallels to ´95: media propaganda leads to state murders, why it affects young kids: message to youth by the state: shut up, go home or die, boom of neighbourhood assemblies
demand of revolt: take back our lives from state and domination police siege and occupation continues, balance of power: changed to our favour, we gained grounds
materially and immaterially: state responds to retake grounds

2014 Hunger strike of Nikos Romanos – from autumn, solidarity was massive, brought back memory of revolt, young crowd of people being brought into movement of anarchists in Exarcheia

2015 The election of Syriza party as a turning point of movement: politics of counter insurrection sweeping into movement, which internalizes the politics, slowly forming situation attempt to isolate militant, combative, aggressive, anti-state actions

2017 high of propaganda by mainstream media, „criminal organization of rioters“ in Exarcheia → risk of anyone being accused under anti-terrorist law

2018 Middle class, business interested people – send letters with 400 signatures to prosecutor, complaining about the situation in Exarcheia → drugs, vandalism, mafia, university occupations, events, squats, complain about uncontrollable activity, from opposition to Syriza government
→ constant danger, „Damoklesschwert“ – evictions, mass arrests

Gare squat intervene in the ground of Exarcheia, not making a nest for own needs ground struggle for social liberation in neighbourhood and worldwide, not oasises in the desert of hostile environments, but part of ground shaped by struggle
community doesn‘t exist outside struggle, community is reconstructed through struggle to create the ground in order to create community insurgents establish themselves in public spaces

state attacks collective memory, 6th of december is collective memory and history, state wants to eliminate, depoliticise, isolate
state understands while we stopped believing in possibility of change, the danger of social uprising

when eruption occurs we have nowhere to organize from

Organize to defend the neighbourhood open call cops come, surround neighbourhood, bombrad it with chemicals plan to barricade neighbourhood to defend it with experience from Prosfilika squat and its defence against fascists and cops barricading and attacking cops from roof with a rain of rocks
– the further out the more effective the barricades
effectiveness: interaction with bigger crowd, human element in barricades, crowd reproduced the initiative and build more barricades

trials because of 6th of december 2016 still continue, 23rd of may: next date
try to depoliticise trial by not mentioning collective history

Exarcheia: surrounded by cops, stations, OPKE and MAT, constant policing by security police in public spaces → organizing against this

„it is our fault that the repression occurs“
→ depoliticising the reasons for resistance, putting the burden on those who revolt not on the state, depoliticising the anniversary

those who revolt cannibalize the neighbourhood
kids of burgeois who put it on the neighbourhood
offending memory of Kaltezas & Grigoropoulos
call those who revolt to do it elsewhere to put away the burden of chemical warfare
direct attack on us, handing us over to police
attack on whole social base of Exarcheia
turning point of attack and isolation on those who fighted physically for neighbourhood
understanding that this is effort of not just conservative mobilizing but based on class interest, organizing in war, taking part in hostile environment against those who organize
openly said: class conflict that can not be solved peacefully between shop owners / business people („popular assembly of Exarcheia“) and those wo revolt
→ key point of counter insurrection

Polytechnio occupation 2017: intervention of the occupation by other political groups and the breaking of it

Discussion/Questions:

question of the popular assemblies: how they started? – neighbourhood assemblies
–>outcomes of counterinsurrection intervention and state propaganda → eviction of Gare (as an example) → goal: to divide the movement into „good“ and „bad“ anarchists
– gentrification as tool of the state to supress thei neighbourhood (example: planned metrostation in plateia)

question: where are the similarities between Exarcheia and Rigaerstraße / Friedrichshain?
– different level of conflict
– similarity: tactis of propaganda

question about organizing , adressing people
→ drawing a line between people who profit from gentrification and people who are affected by it

Rigaer 94 is an important place to stick together as a neighbourhoo against gentrification ( also in other neighbourhoods in Berlin)

question relation between residents and movement in Exarcheia changed?
→ intensed class polarization (through the crisis) also in Exarcheia more intensed conflict over class interests there were always conflicts between burgeiosie and the suppressed
– text of vox against police cars burning (first text /action after Syriza came into power)
→ problems between anarchists and „anarchists“ – the movement itself opened the doors for the problematic situation in the neighbourhood now

– citizens claimed after last 6th of december that aimless violence took place which is not true+-→ organized confrontations as a threat to the balance of power

– internationalism as a tool against only local focused fights

 
 

Sonntag, 13. Mai

„Community of squats in Koukaki – Housing, Struggling and Resistance
 

Squatting in general:
– it is more easy to squat in Greece and penalties are low.
– it is safer to squat openly and to make public announcement. You are less vulnerable if you have support and are not invisible.
– state and church property are easier to squat than privately owned houses

Neighbourhood Koukaki:
– a „nice“ bourgeoise neighbourhood.
– gentrification process in Koukaki is ongoing, AirBnB is a big problem
– there are still empty / broken houses in the neighbourhood, so more opportunities for squats as means of fight against gentrification

The community of squats in Koukaki tries with dialogue and open doors to interact with the neighbours. When for example 30 people, mostly cops and right-winged made a collective law-suit against the squats, the community invited for an open discussion event, in which some of the neighbours also participated.

Eviction of Matrozou and other squats in Exarcheia
– evictions are not announced bureaucratically
→ Why: characteristics of squatting in Greece – evictions are political decisions, state takes full political responsibility.

Before:
– 2 months before the eviction, civil cops started showing up, before police was few in the neighbourhood and just passing by sometimes

During:
– happened after big demo in Thessaloniki in solidarity with Libertatia
– pigs were not able to get to the doors first because of paint attacks from the roof. Two comrades attacked the cops from outside with stones and fire extinguisher.
– there was a lot of support from neighbours. They were filming the cops, speaking up or testifying in court.
– People got arrested and beaten up. DNA and fingerprints were taken of the people arrested

After:
– After the eviction one police bus was present. The demo after the eviction was met with teargas by the cops, which was new for the neighbourhood to experience.

Reoccupation:
– never made a practical plan, but agreed on resistance in order to make the conflict bigger or even be able to stop aggression from the side of the state.

Defense of squats
– active defense of squats is a new thing in Greece, for the fight a defensive community is needed
– the defense of Matrozou 45 was a first time experience, there is no history of combative defending of squats. Last year after the eviction of several squats, the squat Gare prepared for physical fight on the roof, which they see as the reason for cops not having come to evict

Combative grounds
– necessity of struggle: stronger communities, to be able to defend, to win, to survive repression as the most effective defense against state actions
– one of the characteristics of the community is to be combative, to resist. There is an understanding of the ground as not only the houses but the neighbourhood around.
– the community of squats in Koukaki has a practice of multiformity (like not eating meat in the houses to have ground for antispecicist struggle) and an agreement on multiform actions
– the community of squats has an assembly every week. The common ground of the assembly is neighbourhood struggles and squatting. Other struggles are in initiatives as political prisoners, antifascism, etc
– still a lot of conflict with anarchotourism / or not, but there is also an openness to connect internationally.

 
Die Veranstalter*innen von Community of squats in Koukaki – Housing, Struggling and Resistance haben den folgenden Text über ihre Eindrücke während der Diskussionstage veröffentlicht:
 

A respond from the 4days event „Diskussions und Chaostage“

This text is a report from our experience in Berlin during the four-day event „Discussions and Chaos days“. The name chaos days -chaostage in German- came from punk concerts ¨chaos tage¨ held in Hannover and other cities between 1982 and 1995. In 1995 it resulted in massive clashes with repressiv units.

Another historical reference is to be found within the video created to promote these four-day events. This video includes unpublished material recorded by the cops‘ cameras during hard clashes in the 1990s against the assault of cops and fascists in the neighborhood of Friedrichshain. https://vimeo.com/261495156

However, this year’s events did not include punk concerts nor conflicts.

The events of 10-13 of May 2018 contained collective kitchens, free market, workshops, projections, reclaiming of historical memory, conversation about clashes and repression, revolutionary prospects, neighborhood projects and a solidarity demonstration for the imprisoned political prisoners, addressed specifically to the comrades Lisa and Thomas. We also participated in the series of organized events presenting the Squats‘ Community of Koukaki. Another comrade from Gare Squat related the struggle in Exarchia and the anti-insurrection tendencies and practices.

The whole event was created by open meetings and co-organized by various parts of the Berlin‘ scene. As a result, the events happened in several places of this metropolis. Most of it though was held in Rigaer Strasse, considered by the police as a ‘Danger zone’, where according to a somewhat martial law any id controls, searches and raids can be made without warrant. A street with house projects, political hangouts, punk subculture, anarchist and feminist characteristics, and finally at number 94, there is maybe the last semi-occupied building of Berlin. Rigaer strasse 94 is a 28-year-old house project with insurrectionary features, a powerful barricade against the ongoing gentrification of the area. A collective which, with other comrades from the street, has been through many ways involved in the greek anarchist scene. And of course, a place being the target of state repression for many years. The closure of Rigaer 94 in Berlin and Rote flora in Hamburg is a craving for Law and Order supporters.

On May 9th one day before the events began, the cops are raiding Kalabalik, the anarchist library in Kreuzberg and in comrades‘ apartments, prosecuting two of them, forcing one to give DNA. In both cases, the excuse for the invasion was a research about the G20 conflicts. More specifically, what the prosecution authorities sought was a specific poster calling for the G20! The same day, the comrades got released.

On May 10th, the series of events started with the free bazaar on the crossroad of Rigaer and Liebig, at Dorfplatz, outside of the anarcha-queer-feminist house-project (former occupation). Early in the morning, cops strongly imposed their presence on Rigaer Street and around, forming a permanent siege of the area. Checking and provoking the people passing by. The application of the law by words was a tool for their sick-mood. Thus, for example, they demanded the stuff of the bazaar to not be installed more than a meter away from the wall. Indeed, when the people denied this order, the cops intervened and took away the free clothes and shoes. Throughout the four-day period, the cops camped in front of the Rigaer 94 and harassed – legally – the people with the target to discourage them from participating in the events.

The over presence and terror of cops around R94 did not appear out of sudden as a necessity for the regime to maintain order and prevent any actions during the so-called Chaos days, days related by the medias as a peak opportunity for conflicts and violence. The siege had already start a couple of weeks now, after several attacks with stones and ambushes directed to the cops vehicles spark off in the neighborhood. Those attacks were the first and spontaneous answers after the massive raid of cops in the last march 29th. Operation sustained by the involvement of 350 cops, special forces and back up of a helicopter which ended up with the arrests of two residents of R94.

In the following afternoon, comrades from a group, which was calling to the Solidarity Demonstration announced the cancelling of the illegal, unregistered demonstration due to a lack of organization and participation. When we say illegal, we mean it. In Germany, a demonstration or gathering cannot occur unless a request is deposited to the cops and one person is defined as responsible. Late in the evening, a new announcement was published stating that 8 people will be on the demonstration and the actual responsibility is let on the people’s choices. The constant pressure of the state, reinforced by the invasion of the library and the comrades’ houses as well as the siege of Rigaer could not be responded by another retreat.

The next day, we arrived at the gathering point, Herrfurthplatz in Neukolln. In the streets around, the civilian cops already started their usual harassment, even though any sign of demonstration was given. No one seemed to be here for this. Actually the only sign was the increased police presence. Suddenly, a banner opened held by 7-8 persons, and by their moves, the rest of the demonstrators followed them, creating a block of 80-100 people walking fast around the church circular square, getting faster, making a maneuver to avoid a trap but in vain. The demonstration lasted 10 minutes before the riot cops in same number, blocked and surrounded us in a street. The phenomenon of the „wild“ demo, an illegal gathering that evolves into a chaotic hunt is developing in European countries were special laws for demonstrations are imposed, especially among youth bodies close to black block practices. When the situation got under their control, cops started their favorite legitimate hazing. Bullying demonstrators leaning on cars without being owners and other bullshits of this kind. The gathering after several slogans and waiting broke itself without arrest.

Refinement of the police – a democratic dystopia

We got particularly impressed by the disgusting social and polite image which the cops try to promote for themselves. Tactics learned in special seminars offered by similarly disgusting sociologists. In principle, German riot cop units are including both men and women. Firstly they disrupted the bazaar, informing though about the immorality of their acts. Acts over passing their status of an executive body, as they were being the main actors of negotiation. And of course, when they didn’t have direct success on “dialogue” they were wearing on their gloves. Another legitimacy tactic was to walk in small groups inside the neighborhood, without any repressive equipment, to buy coffee and chat loosely with each other like if nothing was going on. Such moves were part of their strategy to show a human face. Meanwhile, they perform a ground-taking in this area. Another significant move occurred during the surrounding of the illegal gathering, when they claimed, through a huge speaker, to have no problem with the demonstration to happen as long as it turned into a registered one. On top of that, through discussions with comrades we learned that cops are also making propaganda. As an example, creating a poster with their own version of conflict episodes, responding to the comrades statements. Or the continuous use of tweeter to publish material to morally legitimize their operations.

On Monday 14th, when the four-days event ended, the trial of the eviction of the Rigaer 94 took place. In 2016, the cops invaded the Rigaer 94 building without a public prosecutor’s order, and violent clashes erupted as a reaction. Since then, authorities are trying through a lawyer to build up a legitimate intervention. However, the trial concluded without glory for them, as the lawyer was unable to prove the ownership status. As two years ago, he represents a real estate company claiming their rights upon the management of this building. Nevertheless, the owner is nowhere to support it. The lawyer claimed to possess the relevant legal documents, but these proves were stolen -due to his storytelling- during a burglary attack in his office, where the squatters were indirectly accused. So today, Rigaer 94 continues to exist through it struggles, within an area where many of the squats got contracts and surrendered to the state threats. However, the court decision does not guarantee that cops will not create another reason to invade.

To conclude, we want to mention that the content of the events, the discussions among the comrades, although they were filled with fears and hesitations, contained a perspective and willing to continue the fights. We attended an event where ten neighborhood projects present themselves, most of them just created. All the discussions had serious approaches on the issues, showing real need to overcome the problems that hinder the development of revolutionary movements. At the same time, we heard that new squats are being planned and that the people have began to understand the presence of squats in a neighborhood as an obstacle to the increasing of living cost.

Comrade greetings to Riqaer 94 who host us, and to all the organization of the “Diskussions und Chaostage” that gave space to our event.

See you at the streets of multi-ethnic combative solidarity!

Few days ago, the will to stimulate new perspectives of struggle revealed one of its facets. A simultaneous occupation of nine buildings all around Berlin. Unfortunately, the German state has evacuated all of them, according to their law of eviction within the first 24hours.

KEEP THE FIGHT, THE RIGHT IS BY THE INSURGENTS’ SIDE !

Comrades from squats community of Koukaki